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Specialists demand more prevention: "More than half of all liver cancer cases are avoidable"

Published on August 14, 2025

Interview zur Krebsprävention – Leberkrebsfälle könnten sich bis 2050 verdoppeln – aber «viele Risikofaktoren sind bekannt und vermeidbar» Die Zahl der Patienten mit Leberkrebs steigt stark an. Warum Früherkennung und Vorbeugung zentral sind, erklärt die Onkologin Antonia Digklia im Interview. Catherine Cochard Nicht nur der Alkoholkonsum, auch Übergewicht gehört zu den Risikofaktoren für Leberkrebs. Da Symptome oft erst spät auftreten, ist die Früherkennung umso wichtiger – und auch die Prävention. Symbolfoto: Imago, HalfPoint Images Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren. Abo abschliessenLogin BotTalk In Kürze : Fachpersonen rechnen mit einer Verdoppelung der Leberkrebsfälle bis 2050. Übergewicht und Diabetes erhöhen das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken. Männer sind stärker betroffen als Frauen. Die Impfung gegen Hepatitis B ist eine der Präventionsmassnahmen gegen diese Krankheit. Fachpersonen sind alarmiert: Wie in einer Ende Juli veröffentlichten Studie der renommierten medizinischen Fachzeitschrift «The Lancet» stand, steigt die Zahl der Patienten mit Leberkrebs explosionsartig an. Bis 2050 könnte sich die Zahl der Leberzellkarzinome, also der bösartigen Tumore in der Leber, laut Prognosen fast verdoppeln und von 870’000 im Jahr 2022 auf 1,5 Millionen ansteigen. Diese Erkrankung ist weltweit die sechsthäufigste Krebsart und die dritthäufigste Todesursache. Dabei wären 60 Prozent der Fälle vermeidbar, wie in der Studie betont wird. Die Erkrankung entwickelt sich progressiv von einer chronischen Lebererkrankung über eine Zirrhose bis hin zum Krebs – dieser lange Zeitraum bietet also die Möglichkeit, einzugreifen, bevor die Krankheit ausbricht. Prävention sei zentral, um diesen Anstieg auszubremsen. Die Expertenkommission der Fachzeitschrift empfiehlt eine Reihe von Massnahmen: Die Früherkennung und Impfung gegen Hepatitis B – eine Krankheit, die Leberkrebs vorausgehen kann – sollen gefördert werden, wie auch die Aufklärung über die Gefahren des Alkoholkonsums und die Vorteile einer regelmässigen körperlichen Betätigung sowie einer gesunden Ernährung. Dr. Antonia Digklia ist Oberärztin an der Abteilung für medizinische Onkologie des Universitätsspitals Lausanne (CHUV). Wir haben mit ihr über die wichtigsten Punkte der Studie gesprochen. Die Onkologin Antonia Digklia findet, die Leberkrebsprävention müsse sich ein Beispiel an der Vorbeugung von Brustkrebs nehmen – da sei es gelungen, die Bevölkerung zu sensibilisieren. Foto: Rechte vorbehalten Frau Digklia, waren Sie von den Ergebnissen der Studie zu Leberkrebsfällen überrascht? Die Studie bestätigt, was wir in den letzten Jahren in unserer klinischen Praxis festgestellt haben: Die Zahl der Leberkrebserkrankungen steigt an. Dabei ist, wie die Studie ebenfalls feststellt, eine Reihe von Risikofaktoren bekannt und vermeidbar. Doch in der Schweiz wird nicht viel getan, um dieses Problem anzugehen, insbesondere auf der Ebene der Gesundheitspolitik. Spiegelt sich dieser Anstieg auch in den Zahlen, werden die Fälle in Ihrem Spital statistisch erfasst? Wir führen keine spezifischen Statistiken. Doch auf klinischer Ebene sehen wir einen Anstieg von Zirrhosepatienten, deren Leberkrebs nicht auf Alkoholkonsum zurückzuführen ist, sondern durch eine Fettansammlung in der Leber charakterisiert ist. Diese geht mit Stoffwechselstörungen wie Adipositas (Fettleibigkeit, d. h. ein Body-Mass-Index von über 30), Diabetes oder einer Fettstoffwechselstörung einher, bei der die Werte der Fette, die im Blut enthalten sind, über dem normalen Bereich liegen. Können diese Krebserkrankungen durch gezielte gesundheitspolitische Massnahmen verhindert werden? Eine wirkungsvolle Gesundheitspolitik müsste meiner Meinung nach mit Sensibilisierungsarbeit bei der Bevölkerung ansetzen. Männer sind stärker betroffen als Frauen, sie sollten daher vorrangig angesprochen werden. Vielen ist nicht bewusst, welche Auswirkungen ihr Alkoholkonsum auf die Gesundheit hat, und meinen, nur schwere Alkoholiker seien betroffen. Dabei ist ein regelmässiger, täglicher Alkoholkonsum ein grosser Risikofaktor. Auch vielen übergewichtigen Menschen scheint nicht bewusst zu sein, dass Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes zu den Risikofaktoren gehören, die zu Leberkrebs führen können. Auch diese Personen sollten besser aufgeklärt werden. «Männer sind stärker betroffen als Frauen, sie sollten daher vorrangig angesprochen werden.» Warum sind Männer häufiger betroffen als Frauen? Männer neigen eher dazu, ihren Alkoholkonsum herunterzuspielen, sie achten weniger auf ihr Aussehen, und Übergewicht bei Männern ist gesellschaftlich weniger stigmatisiert. Frauen hingegen achten zum Beispiel mehr darauf, nicht zuzunehmen. Und ganz generell geben Männer weniger auf sich selbst acht und gehen seltener zum Arzt. Bei Erkrankungen in Verbindung mit der Leber spricht man von einer «stillen Epidemie» – was bedeutet das? Ich sage oft, dass die Leber ein «weibliches» Organ ist, weil sie still leidet. Haben Sie ein Herz- oder Lungenproblem, werden sich Anzeichen davon schnell bemerkbar machen: Sie müssen zum Beispiel husten. Wenn Symptome bei der Leber auftreten, ist es oftmals schon zu spät. Selbst ein Bluttest ergibt nicht immer einen Befund. Das hören wir oft von Patientinnen und Patienten, dass sie sagen, sie würden es nicht verstehen, sie hätten doch regelmässig Bluttests gemacht, die unauffällig waren. Deshalb sind vorbeugende Massnahmen so wichtig. Und die Früherkennung – was hält Patienten davon ab, sich vorsorglich untersuchen zu lassen? Ganz allgemein beobachten wir, dass gesunde Erwachsene selten zum Arzt gehen. Erst ungefähr ab 50 Jahren lassen sich die Leute untersuchen, wenn Symptome auftreten. Bei vielen dieser Patienten hätte man Zeit gehabt, vorsorglich zu handeln und zu verhindern, dass sich die Krankheit weiterentwickelt – wenn sie vor Ausbruch der Krankheit untersucht worden wären. Zum Beispiel hätten sie gegen Hepatitis B geimpft werden können (was das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken, verringert), wenn das noch nicht der Fall gewesen wäre. Oder aber man hätte betroffenen Personen in Erinnerung rufen können, wie wichtig ein gesunder Lebensstil ist, um diese Art von Krebs zu bekämpfen. Dazu sind Vorsorgeuntersuchungen da, doch dafür muss die Bevölkerung erst sensibilisiert werden. Bei Brustkrebs ist uns das bei den Frauen gelungen: Weil vermittelt werden konnte, wie wichtig die Früherkennung ist, ist es normal geworden, sich regelmässig untersuchen zu lassen. Welche Präventionsmassnahmen sollte man befolgen? Die Prävention von Leberkrebs beruht hauptsächlich aus der Impfung gegen Hepatitis B und der Reduzierung der Risikofaktoren Hepatitis C und Alkoholkonsum. Übergewicht und Diabetes können das Risiko einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) erhöhen – ein Risikofaktor für Leberkrebs. Ein gesunder Lebensstil kann dazu beitragen, dieses Risiko zu senken. Dazu gehört eine ausgewogene Ernährung und körperliche Betätigung. Darüber hinaus werden regelmässige Screenings – Leberwerte testen und Ultraschall der Leber – für Risikopersonen wie chronische Hepatitis-B- oder -C-Träger empfohlen. Newsletter Santé! Tipps, News und Geschichten zu Gesundheit, Ernährung, Psychologie, Fitness und Wohlbefinden. Jeden zweiten Montag in Ihrem Postfach. Weitere Newsletter Einloggen Catherine Cochard ist Journalistin im Ressort Waadt und interessiert sich für Gesellschaftsthemen. Sie produziert auch Podcasts. Mehr Infos Fehler gefunden?Jetzt melden.